Klaus, Mai 2012:

Wie lebt es sich auf neun Quadratmetern?


Vor einigen Jahren stellte das Oberlandesgericht Karlsruhe fest, dass die Unterbringung von zwei Häftlingen in einer neun Quadratmeter großen Gefängniszelle gegen die Menschenwürde verstößt. In der DDR gab es eine Bestimmung, wonach das Kinderzimmer bei Neubauten acht Quadratmeter nicht unterschreiten durfte.

Unsere Wohnkabine ist viereinhalb Meter lang und zwei Meter breit. Davon fallen alleine drei Quadratmeter auf das Festbett im Alkoven. Als reine Wohnfläche bleiben also sechs Quadratmeter übrig. Wenn man da nicht in perfekter Symbiose mit seinem Partner lebt, kann aus dem Paradies schon mal die Hölle werden.

Seit über 25 Jahren sind Petra und ich ein Paar. Haben alle Höhen und Tiefen des Lebens zusammen gemeistert und ein perfektes Miteinander entwickelt, das auf gegenseitiger Toleranz und Wertschätzung basiert. Harmonie hat bei uns nichts mit der Wohnfläche zu tun. Einer der wesentlichen Gründe für unser neues Leben war gerade, dass wir mehr Zeit miteinander verbringen wollten.

Doch auch wir haben im wahrsten Sinne des Wortes vorher geübt, ob wir tatsächlich auf kleinstem Raum zusammen leben können. Wir haben in den letzten zehn Jahren die Urlaube stets mit unserem VW-Bus gemacht, sind 2004 erst zwei Monate mit dem Bulli durch Südeuropa gereist, bevor wir ein halbes Jahr durch die USA getourt sind. Es war für uns keine Einschränkung, sondern hat unser Leben bereichert. Ich denke, wer daheim ein zwei Meter breites Bett hat und im Urlaub problemlos auch mit 1,20 Metern klar kommt, bringt bereits beste Voraussetzungen für eine solche Tour mit.

Trotzdem braucht man auch Rückzugsmöglichkeiten beziehungsweise Interessen, bei denen man sich nicht gegenseitig im Wege steht. Ich koche sehr gerne, während es Petra vorzieht, an der Homepage zu basteln. Wenn ich lese, liege ich auf dem Bett und Petra hat dann die komplette Sitzecke, um sich mit Reiseführern und Karten auf die nächsten Etappen vorzubereiten. Alles Tätigkeiten, bei denen wir uns trotz der winzigen Fläche nicht auf den Füßen stehen und die wir vorab beim Grundriss der Kabine berücksichtigt haben.

Doch der Reisealltag hat dann gezeigt, dass wir die meisten Dinge gemeinsam machen. Zeitgleich mit dem Arbeitsstress fiel bei mir auch der Wunsch nach Ruhe und Rückzug weg. Auf der Tour fokussieren wir uns automatisch viel stärker auf den Partner. Freunde und Familie leben mit einem Male Tausende Kilometer entfernt. Spontane Treffen oder Telefonate mit Bekannten sind da nicht mehr möglich. Das heißt, für den Austausch der Eindrücke - und davon gibt es während einer solchen Reise täglich Hunderte - unterhält man sich stundenlang mit dem Partner. Wer also bereits zu Hause eine harmonische Partnerschaft geführt hat, wird diese während der Reise noch vertieft.

„Ach, das klingt richtig romantisch,“ seufzt Petra da.

In dem Moment verschweige ich dann lieber, dass die größten Vorteile der kleinen Wohnfläche natürlich sind, dass man kaum noch etwas zum Putzen hat, und dass man nicht mal vom Sofa aufstehen muss, wenn man sich ein kaltes Bier aus dem Kühlschrank holt. „Prost!“

Was vermisst Ihr am meisten auf Eurer Reise?